Ungefähr 100 Bäume, zum Teil alte Bäume, ließ Landrat Roesberg kurzerhand -ganz nach Landrechtmanier – an der Kreisstraße K40 fällen, obwohl die Gerichte noch nicht abschließend entschieden haben.
„Den Landrat hat offensichtlich jegliches Fingerspitzengefühl verlassen“, so die Reaktion von Verena Wein-Wilke und Hartwig Holthusen, beide sind Fraktionsvorsitzende der Grünen Kreistagsfraktion. „Mit den vorschnell angesetzten Baumfällungen sollen wohl kurzfristig Fakten geschaffen werden“, vermutet Verena Wein-Wilke. „Wir sind entsetzt, dass Landrat Roesberg jetzt auf die Schnelle 100 Bäume, zum Teil alte Eichen, fällen ließ“, schimpft Hartwig Holthusen.
Die Kreisstraße soll über die Rübker Straße als Autobahnzubringer dienen. Im November 2019 kippte das Verwaltungsgericht Stade die Baupläne. Anwohnerinnen und Anwohner der Rübker Straße hatten geklagt, weil sie eine extreme Lärmbelastung befürchteten. Das hatte das Gericht für unzumutbar gehalten.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) entschied jedoch im Januar eine Berufung gegen die damalige Entscheidung zuzulassen. Obwohl das Verwaltungsgericht in seinem Urteil die Berufung ausgeschlossen hatte, wird der Fall nun beim OVG noch einmal geprüft.
Für die Grünen bestärkt sich der Eindruck, dass Roesberg hier kurzfristig Fakten geschaffen habe. In 2021 wird keine juristische Entscheidung vorliegen. Daher sei hier vielleicht der Weg für einen neuen Landrat geebnet worden, vermutet Verena Wein-Wilke.
Der Bürgermeisterkandidat Michael Lemke zum Kahlschlag in der Rübker Straße: „Mit Verwunderung muss die als „Baumpflegemaßnahme“ titulierte Baumfällaktion in der Rübker Straße wahrgenommen werden. Statt endlich das Gespräch mit den betroffenen Anwohnern zu suchen, werden wieder Fakten geschaffen. Als Buxtehuder will ich alle Beteiligten frühzeitig informieren und mitnehmen und einbinden. Diese Baumfällungen sind total überstürzt begonnen worden. Doch das scheint im Rathaus keinen zu interessieren. In diesem Fall prescht der Landrat mal wieder vor. Und er sendet damit wieder Signale, die nicht befrieden, sondern zerstören. Leider!“
Karin Aval, Grünes Mitglied im Bauausschuss, ist ebenfalls empört. Die Baumfällungen kamen dort zur Sprache. „In der Diskussion konnten viele Fragen der Ausschussmitglieder nicht befriedigend beantwortet werden“, kritisiert Karin Aval.
Nach einem Versuch, das Thema „Baumfällungen Rübker Straße, Autobahnzubringer Buxtehude“ im Bauausschuss des Landkreises Stade nicht zuzulassen, konnte im Rahmen der Darstellung der Baumaßnahmen 2021 nach kontroverser Diskussion noch einmal klargestellt werden, wie empörend wir die Handlungsweise des Landkreises aufgenommen haben.
„Trotz rechtlicher Unsicherheit und nicht nachvollziehbarer Notwendigkeit, wurden 100 Bäume an der Rübker Straße gefällt“, betont Karin Aval. Sie sieht darin eine „Provokation des Landrats, dass dadurch eine Eilentscheidung des OVG Lüneburg erfolgen soll, die als Vorabentscheid für einen positiven Ausgang des Berufungsverfahrens gewertet werden könnte. Landrat Roesberg scheint darauf gesetzt zu haben, dass die Bürgerinitiative sofort gegen den Sofortvollzug klagen würde und das Gericht nur oberflächlich prüfen würde. Natürlich in der Annahme, dass die Klage keinen Erfolg haben wird.
Es bleiben viele Fragen offen. Karin Aval fasst die Situation aus dem Ausschuss zusammen:
Wo werden Ersatzpflanzungen erfolgen und wie viele?
Die Verwaltung offenbart eine Ratlosigkeit und ein amateurhaftes Handeln:
An Ort und Stelle geht es nicht, kein Platz. Aber man könnte Nistkästen aufhängen und der Bund muss ja seine Ausgleichsmaßnahmen aus dem Planfeststellungsbeschluss umsetzen.
Warum mussten die Bäume gefällt werden, nur um ein rechtliches Verfahren zu beeinflussen, bzw. zu beschleunigen. Hätte es da nicht auch gereicht eine Baustelleneinrichtung und ein Schild aufzustellen, dass Baumfällungen geplant sind?
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Aus Sicht der Grünen hätten die Bäume stehen bleiben müssen. Das Berufungsverfahren beginnt erst im nächsten Jahr und selbst wenn der Landkreis gewinnen sollte, muss dann noch ein Ausschreibungsverfahren starten. Vor 2023 wird keine Baumaßnahmen anfangen können.
Was ist mit den bereits ausgegebenen Finanzmitteln, wenn das Verfahren nicht im Sinne des Landkreises ausgeht? Es gibt auch eine Verantwortung für den Finanzhaushalt und in vorherigen Sitzungen wurde immer zugesagt, dass erst nach dem Abschluss des Berufungsverfahrens weitere Maßnahmen ergriffen werden.
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Das Vertrauen in die Landkreisverwaltung ist dahin. Wir fühlen uns getäuscht und hintergangen. Auch, dass zufällig 35 Bäume des Landkreises und 65 Bäume des Bundes am gleichen Tag, durch den gleichen Unternehmer gefällt werden, nur 4 Tage nach Mitteilung des Landrates, dass jetzt „Baumschnitt“ erfolgen soll, ist wenig glaubwürdig. Das ist wenig transparent und gegen Politik und die Bürger/innen. Hier hätte man miteinander sprechen müssen. Bleibt die Hoffnung, dass es eine verlässlichere Nachfolge des Landrates geben wird.
Einen kleinen Achtungserfolg konnten wir trotzdem in der Sitzung erzielen. Der Ausschuss hat mit 5:4 Stimmen einem Antrag zugestimmt, dass keine weiteren Haushaltsmittel für Maßnahmen im Rahmen der Bauarbeiten des Autobahnzubringers Buxtehude/ K40 ausgegeben werden dürfen, bis das Berufungsverfahren abgeschlossen ist und auf Grund der unzureichenden Auskünfte über Ersatzpflanzungen des Landkreises wurde der Antrag von Karin Aval nach einer jährlichen Aufstellung der im Auftrag des Landkreises Stade gefällten Bäume und deren Ersatzpflanzungen einstimmig angenommen. Vielleicht kommt dann etwas mehr Klarheit in die Handlungsweise des Landkreises.
Bleibt zu hoffen, dass diese Beschlüsse die Sitzung des nächsten Kreistages überstehen.